Kostenfalle Energiewende (PDF 416 kB) |
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Transformation der
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Missachtet die aktuelle Strompreisdiskussion den langfristigen Kostenverlauf? Energiewende braucht Zeit und erfordert selbst Energie, um die Strukturen für eine regenerative Versorgung aufzubauen. Für die Gesamtkosten der Transformation ist es deshalb entscheidend, auf welchem Kostenniveau für konventionelle Energie die Umstellung stattfindet. Die Gewinnungskosten für konventionelle fossile und nukleare Energieträger würden unter gleichen Gewinnungsbedingungen durch Technologiefortschritte ständig abnehmen (blau gepunkteter Verlauf in der Grafik). Die Verknappung der fossilen Rohstoffe macht deren Gewinnung jedoch zunehmend aufwändig (braun gepunkteter Verlauf). Die Erzeugung von Energie aus konventionellen Primärenergieträgern durchläuft deshalb eine Phase minimaler Preise, bis die Verknappung einen Preisanstieg bewirkt, der durch Gewinnungstechnologiefortschritt nicht mehr ausgeglichen werden kann (schmaler lilafarbiger Verlauf). Beim Öl ist dieser Preisanstieg bereits seit den 1970-er Jahren zu beobachten. Beim Strom ist dieser, nach Abzug der Kosten für die Erneuerbaren, seit der Jahrtausendwende spürbar. Die Stromverteilungskosten nehmen durch Technologiefortschritt stetig ab (schmaler hellblauer Verlauf). Die Gesamtkosten zur Energiebereitstellung setzen sich aus den Erzeugungs- und den Verteilungskosten zusammen (dick eingezeichnete Verläufe, konventionell in lila).
Die Lernkurve zur Nutzung
regenerativer Energien - inklusive der dazu notwendigen
Speicherung - kommt, wie bei den konventionellen von einem hohen
Kostenniveau (schmale Verläufe nach Zeitfenstern für die
Transformation in grün, rot und schwarz). Da bei den
Regenerativen keine Verknappung eintritt, bewirkt der
Technologiefortschritt jedoch eine stetige Kostenreduzierung.
Die gestrichelten Linien in grün, rot und schwarz stellen den Fortschritt der Transformation dar. Sie beziehen sich auf die rechts angebrachte vertikale Prozent-Achse. Sie geben zum jeweiligen Zeitpunkt den konventionellen und den regenerativ Anteil der genutzten Energien an. 0% zu Beginn des Transformationsprozesses bedeutet eine ausschließlich konventionelle Versorgung. 100% am Ende des Transformationsprozesses steht für eine 100% regenerative Versorgung. Es wird angenommen, dass die Transformation einen einige Jahrzehnte umfassenden Forschungsvorlauf erfordert, sie dann mit zunehmendem Tempo umgesetzt wird und zum Schluss noch einen Nachlauf aufweist, bis 100% regenerative Versorgung erreicht sind. In dem als Prinzipdarstellung zu verstehenden Diagramm ist ein Gesamttransformationszeitraum von 120 Jahren angenommen, wobei die größten Umstellungen in einem Zeitfenster von ca. 50 Jahren angenommen sind. Die an den Achsen angetragenen Zeit-, Kosten- und Prozentwerte erheben keinen Anspruch auf Korrektheit sondern sollen nur eine grobe Einordnung des gesamten Umstellprozesses ermöglichen. Je nach Beginn und zeitlichem Ablauf der Transformation, findet diese auf einem unterschiedlichen Kostenniveau für konventionelle Energie statt. Die Kosten zur Entwicklung und Markteinführung der erneuerbaren Energien wurden für die Darstellung der prinzipiellen Zusammenhänge immer in gleicher Höhe angesetzt. Es zeigt sich, dass eine zu spät begonnene Transformation erheblich höhere Energiekosten verursachen würde (dicke Linien in grün, rot und schwarz). Am kostengünstigsten ist die Transformation auf niedrigem bzw. noch fallendem Kostenniveau für konventionelle Energieträger zu erreichen. In der Anfangsphase entstehen dabei jedoch Kostennachteile gegenüber Energiesystemen, die keine Vorsorge für die Zeit danach treffen.
Die aktuelle politische
Diskussion dreht sich um diese vorübergehenden Kostennachteile. Der
Kostenverlauf für den gesamten Umstellungsprozesses sollte dabei
jedoch nicht aus den Augen verloren werden. Verzögerungen der Energiewende können daher tendenziell zu einer Erhöhung der anfallenden Energiekosten über den Gesamtzeitraum der Umstellung hinweg führen. Über die richtige Vorgehensweise wird man aber erst im Nachhinein urteilen können. Die tatsächliche Kostenentwicklung sowohl der konventionellen als auch der regenerativen Energien unterliegen heute unbekannten zukünftigen Entwicklungen und können auf der Basis heutiger Erkenntnisse zwar prognostiziert aber nicht vorhergesagt werden. Unkonventionelle Gewinnungstechniken für fossile Energieträger wie etwa Fracking, die eine Verzögerung des Anstiegs der Verknappungskosten bewirken, können deshalb dazu beitragen, die Energiewende auf einem verträglicheren Kostenniveau umzusetzen, wenn der Umstellungsprozess dadurch nicht ausgesetzt oder verzögert wird. Diese hier prinzipiell aufgezeigten Zusammenhänge sollten berücksichtigt werden, wenn über die zeitliche Umsetzung der Energiewende diskutiert wird. Die Kosten zur Technologieentwicklung werden immer anfallen. Anfängliche Kostennachteile werden jedoch ab dem Zeitpunkt kompensiert, ab dem Kostengleichheit für konventionell und regenerativ gewonnene Energie eintritt.
Wartet man mit dem Beginn der
Transformation auf Marktsignale dahingehend, dass die Kosten der
noch wenig entwickelten neuen Technologien kleiner gleich denen der
alten Technologien sind, dann ist eine deutliche Hochpreisphase mit
substantiellem Wohlstandsverlust in breiten Bevölkerungsschichten zu
erwarten, weil von einem konventionellen auf ein regeneratives
Energiesystem nicht wie beim Umlegen eines Schalters umgestellt
werden kann. Eine zu spät eingeleitete Energiewende kann durchaus
die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft überfordern. Volkswirtschaften sind daher gut beraten, die Energiewende auf nachhaltig verfügbare Energieträger nicht auf die lange Bank zu schieben und eine langfristig vorteilhafte Transformationsstrategie zu entwickeln. |